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Einführung in die Wappenkunde

Fast alle Seiten im Internet, die sich mit der Heraldik beschäftigen, enthalten Einführungen in die Wappenkunde. Ausgewählte Adressen finden Sie unter der Rubrik Verweise. Einen sehr informativen, bebilderten Artikel finden Sie auf den Seiten des Hauses der Bayrischen Geschichte (HDBG) (www.bayern.de/HDBG/wappen01.htm). Zur Orginalversion.

Im Auftrag des HDBG schrieb Raoul Kaufer (hier ein Auszug):


Einführung
Seit ihrem Entstehen in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts erfüllen Wappen eine kenn-zeichnende und auf Fernwirkung abzielende Funktion. Der Name "Wappen" ist sprachgeschichtlich verwandt mit dem der "Waffen". Wappen, die im Mittelalter Schilde, Helme und Fähnlein der in ihrer Rüstung unkenntlichen Ritter zierten, erleichterten als individuelles Erkennungszeichen die Unterscheidung von Freund und Feind im Kampf. Der gerade damals geltende Grundsatz, Wappen-Zeichen in Farb- und Formgebung möglichst schlicht und klar zu halten, kommt dem menschlichen Wahrnehmungs- und Erinnerungsvermögen entgegen.

Verbreitung
Die Wappen wurden bald erblich und sogar zu Vertrags- oder Urkundensiegeln umgearbeitet. Dadurch ging der Wappengebrauch seit dem 13. Jahrhundert in nichtritterliche Bevölkerungsteile über. Wappen vertraten nun symbolisch Handwerker, Händler, Familien, Frauen, Geistliche, Bürger und Körperschaften wie Städte, Bistümer und Klöster.

Entwicklung
Wappenkunde und Wappenkunst bilden zusammengenommen die "Heraldik", die ihrerseits auf die zahlreichen Aufgaben von Herolden verweist. Als Botschafter, Schiedsrichter und Organisatoren in Personalunion waren diese in Friedens- wie Kriegszeiten der verlängerte Arm von Fürsten und Adligen, von Städten und Turniergesellschaften.
Mit der Zunahme ritterlicher Turniere gegen Ende des 12. Jahrhunderts wuchs die Verantwortung der Herolde, die die Regeln und den Ablauf der Turniere überwachten. Um die Turnierteilnehmer nicht nur an ihren Wappen erkennen, sondern zugleich besser und dauerhaft unterscheiden zu können, legten sie im Laufe der Zeit gemalte Verzeichnisse (Wappenrollen) an, in denen die Wappen-Zeichen systematisch erfaßt wurden. Darüber hinaus entwickelten sie eine Fachsprache, das sogenannte Blasonieren: grundlegend für die Beurteilung und die Fertigung von Wappen. So wurden Herolde schließlich zu Experten und Archivaren der Heraldik.

Jetztzeit
In Großbritannien nehmen noch heute Herolde ihre altüberlieferten Funktionen wahr. Hingegen sind in den meisten europäischen Staaten amtliche Stellen für die offizielle Heraldik zuständig. In Deutschland unterliegt die Aufsicht über die kommunale Heraldik den Innenministerien der Länder und zugehörigen Staatsarchiven. Familien-Heraldik ist keine öffentliche Angelegenheit mehr; sie überdauert in der Pflege durch Privatpersonen und Vereine.

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Hauptbestandteile
Für viele sind Wappen geradezu identisch mit der einst kriegerischen Schildform, obwohl in feudalen und monarchischen Zeiten Helm, Helmzier und Helmdecke die Wappenbilder nicht weniger dominierten. Bis etwa 1500 entsprach der Wappenschild echten Kampfschilden. Danach breiteten sich vielgestaltige Abweichungen aus, die dem jeweiligen Zeitgeschmack folgten.
Der Verwendung rundum geschlossener Helme (der "Topfhelm" im 12./13. Jahrhundert) verdankt sich letztlich die Entstehung der Heraldik. Denn erst nachdem die individuellen Gesichtszüge gänzlich in der Ritterrüstung verschwanden, wurden die symbol- und signalhaften Wappen-Motive zum Erkennungszeichen auf den Rüstungsteilen. (Mit den Jahrhunderten wandelte sich das Aussehen der Helme in den Wappenbildern - konform den im Feld und in den Turnieren gebräuchlichen Erzeugnissen der Waffenschmiede.)
Schließlich gehört zu einem vollständigen Wappenbild die an oder auf dem Helm befestige Helmzier, die mit der Helmdecke verbunden ist. Diesem Wappenteil entsprach in der Wirklichkeit ein den Helmnacken bedeckendes farbiges Tuch, das wohl die sengenden Sonnenstrahlen vom Eisen abhalten sollte.

Nebenbestandteile
Rang, Status und Vorrechte staatlicher, kaiserlich-königlicher und hochadeliger Repräsentanten finden sich durch allerlei Beiwerk in deren Wappen widergespiegelt. In solchen Fällen haben wir es mit heraldischen Nebenbestandteilen zu tun.
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Vertiefung
Das bezeichnendste Merkmal jeden Wappens, der Schild, verdient eine etwas eingehendere Betrachtung. Die ältesten Wappenschilde beschränken sich meist auf zwei "Tinkturen": eine Farbe und ein Metall. Die Farben sind satte, unvermischte Töne, die wir heute als Primär- und Sekundärfarben bezeichnen. Das schimmernde, glänzende Metall erhöht durch Lichtreflektion den Kontrast.
Treten zu den einfachen Farb-Form-Flächen Figuren hinzu (Tiere, Planzen, Menschen, Gerätschaften, Gebäude etc.), dann nicht in naturalistischer, sondern in stilisierter Wiedergabe. Das ist verständlich, denn ein Wappen soll sowohl über weite Entfernung klar erkennbar sein als auch bei extremer Verkleinerung (etwa in Siegelform) optimal wirken.

Formen
Echte Kampfschilde als ursprüngliche Zeichenträger der Wappen gaben lange Zeit den Umriß der Wappenschilde vor. Mit Einführung der Feuerwaffen wurden Schilde kampftechnisch nutzlos, doch ihr symbolischer Nutzen für soziale, wirtschaftliche und genealogische Zwecke bekam Auftrieb. Damit Einher ging ein Experimentieren an der Grundform; überliefert sind zahlreiche dekorative Abwandlungen der alten Wappenform.

Farben
"Tinkturen" sind die heraldischen Farben. Es sind die Farben Rot, Blau, Grün, Violett und Schwarz und die Metalle Gold (Gelb) und Silber (Weiß). Die britische Heraldik benutzt außerdem Orange und ein Rotbraun.
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Figuren
Die Heraldik spricht von "Gemeinen Figuren". Damit sind belebte und unbelebte Objekte verschiedenster Art und Kategorie gemeint, die für die menschliche Erfahrungs- und Vorstellungswelt große Bedeutung haben und so zu Wappen-Zeichen geraten.
Außer Fabelwesen und Jagdwild, zählt im einzelnen - neben dem Adler - der Löwe zu den populärsten Wappentieren. Allein die zahllosen Stellungen und Positionen, in denen der Löwe Wappenschilder "majestätisch betritt", ist Anlaß und Ergebnis heraldischer Kompendien. ...
Die Tierfiguren werden ebenso allein wie in allerlei Verbindung zu Gegenständen (Schwerter, Äxte, Fahnen, Pflanzen) gezeigt. Mitunter sind sie gekrönt, angekettet, tragen ein Halsband oder sind mit einem Minaturschild garniert. Nach der strengen Gestaltungsregel sollten sie nicht in natürlicher Farbgebung, sondern in den heraldischen Grundfarben und Stilisierungen ausgeführt sein.
Menschliche Artefakte und Produkte (Werkzeuge, Bauten, Lebensmittel) sind Figuren, die den Wappenträger als Vertreter einer Berufsgruppe, eines Standes oder Standortes charakterisieren.
Eine anspielungsreiche Unterkategorie im Bereich figürlicher Wappen sind redende Wappen. In der Art und Weise wie diese den Beruf oder Inhaber schildern, stellen sie den Betrachter auf eine kleine Probe. Auf Wortklang, auf semantische Spielereien und auf rebusartige Wort-Bild-Verschränkungen aufbauende Wappen-Motive waren von Anfang an ungemein beliebt. Vielsagende Beispiele der Heraldik sind der Mönch im Wappen von München, der Bär in Berlin, das Kastell von Kastilien.
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Quelle:
Auszug aus einem Artikel:
Im Auftrag des Hauses der Bayerischen Geschichte erstellt durch XYZ-MEDIENDESIGN, Raoul Kaufer, Regensburg (August 1998)
Den vollständigen und bebilderten Artikel finden Sie unter www.bayern.de/HDBG/wappen01.htm



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